Wankt das Google-Monopol?

Wankt das Google-Monopol?

Manuela Branz, Hannover, branz@suma-ev.de

Dass Monopole problematisch sind, wissen wir. Die Konzentration von Geld und Macht birgt ökonomische Risiken, aber auch Probleme, die das gesamte gesellschaftliche System betreffen, unser aller Leben. Im Roman „Circle“ von Dave Eggers (2014) wird beschrieben, wie dieses monopolistische System langsam Macht über alle Lebensbereiche der Protagonisten gewinnt, wie der Internetkonzern zum Zwecke totaler Kommunikation und Transparenz Strukturen verankert, deren antidemokratisches, ja totalitäres Potential sich bald schon offenbart. Auf Kritiker wird massiv Druck ausgeübt, Störenfriede werden schon mal mundtot gemacht. Diese Schreckensvision einer Überwachungsgesellschaft in Orwellscher Machart berührt in ihrem aktuellen Gewand (gläserner Mensch arbeitet in einer Firma, die stark an Google erinnert) mit einer bewussten Anlehnung an die Realität. Wir sehen: Eine skeptische Haltung mächtigen Konzernen gegenüber findet sich nicht nur bei linken Kapitalismusgegnern, sondern ist inzwischen weit verbreitet (und natürlich auch durchaus angebracht).

Nun zeigt sich aber wieder mal: Die Realität kann es mit einigen dieser Visionen locker aufnehmen. Dass der o.g. Roman mit dem Google-Vergleich spielt, ist kein Zufall. Nirgendwo besser als im Google-Universum kann man aktuell so hervorragend sehen, mit welchen Instrumenten mächtige Konzerne an ihrer Machtstellung arbeiten: Lobbyismus, Verflechtung mit politischen Instanzen, der Versuch der politischen und gesellschaftlichen Einflussnahme. Es ist ein in sich geschlossenes System, fast unanfechtbar, scheinbar unzerstörbar. Doch langsam gerät das System Google in Turbulenzen. Zunächst war Google von der EU-Kommission zu einer Rekordstrafe von 4,42 Milliarden Euro verdonnert worden. Diese Entscheidung war gefallen, weil der Konzern seine „marktbeherrschende Stellung mit seinem Preisvergleichdienst missbraucht“, zitierte die Tagesschau.de am 27.8.2017 den Kommissionsbericht [1]. Dann kam der Fall Benny Lynn in die Öffentlichkeit. Als Leiter einer Gruppe des von Google geförderten Thinktanks „New America Foundation“ postete Lynn auf der Webseite seine Meinung zur Entscheidung der EU-Kommission und begrüßte die Rekordstrafe. „Googles Marktmacht ist heute eine der wichtigsten Probleme für Wettbewerbspolitik in der Welt“, wurde Barry Lynn auf der Website der „New America Foundation“ zitiert. Er rief die US-Regierung dazu auf, nach dem Vorbild der EU zu handeln. Daraufhin gab es in der „New America Foundation“ den Rausschmiss der Abteilung „offene Märkte“, als dessen Leiter Lynn fungierte.[2]

Doch das ist nicht alles. Im Nachklang dieser Geschichte melden sich nun auch andere Personen zu Wort, die ausführen, von Google unter Druck gesetzt worden zu sein. So beschreibt Kashmir Hill auf der GIZMODO Media Group`s Website [3], wie sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Journalistin bei dem US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin „Forbes“ vor 6 Jahren mit Google in Konflikt gekommen war. In einem Gespräch mit einem Google-Berater über soziale Netzwerke sei ihr damals nahe gelegt worden, auf der Forbes Seite einen Google Plus Knopf anzubringen. Wenn sie sich dieser Google Plus Promotion verweigere, leide das Ranking der eigenen Seite darunter, hätte der Berater mehrfach betont. Sie hätte daraufhin über diese Begegnung mit dem Google-Berater einen Artikel veröffentlicht, der diese skandalöse Ranking-Praxis zum Gegenstand gehabt hätte. Unter Druck ihres Arbeitgebers und Googles hätte sie ihn dann aber wieder löschen müssen. Doch der eigentliche Skandal hätte sich erst im Anschluss entwickelt: Das Dokument sei sehr bald restlos gelöscht gewesen. Normalerweise sind Spuren eines gelöschten Artikels immer noch vorhanden, sei es in der Form der Überschrift oder im Cache. In dem Falle aber sei eine Art radikaler Säuberung erfolgt, für deren Umsetzung nur Google selbst in Frage käme. Ihr früherer Arbeitgeber hätte gar nicht die Mittel dazu besessen, berichtet sie in ihrem Post vom 31.8.2017. Welche Macht hier nun wirklich für die Löschung verantwortlich war, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Klar ist jedoch: Die hemmungslose Machtausübung des Konzerns wird deutlich.

Man kann die oben beschriebenen Maßnahmen Googles nun als die typische Praxis eines Monopolisten betrachten, der sich seiner Dominanz versichern will. Imagepflege im weiteren Sinne also, wie man es von einem Konzern dieses Kalibers erwartet. Wenn ein von Google finanzierter Thinktank Google-Kritik betreibt, ist zunächst nicht wirklich überraschend, wenn Hebel in Bewegung gesetzt werden, den Kritiker los zu werden, sei es auf direkte Weise oder unter Einsatz entsprechender Druckmittel. Andererseits: Google hätte auch gelassener auf Barry Lynns Statement reagieren können, oder sagen wir so: professioneller. Man kann diese vermutete Einflussnahme Googles auf die Entledigung des Google-Kritikers daher auch durchaus als zunehmend verzweifelten Versuch interpretieren, mit einem um sich greifenden Imageverlust zurecht zu kommen. Denn dieser Imageverlust ist ein zunehmendes Problem für den Tech-Giganten: In den USA verliert Google gerade die politische Unterstützung von rechts und von links. Eine wachsende Anzahl liberaler Denker glaubt, die Konzentration gesammelter Macht wäre ein Hauptverursacher für die Probleme der amerikanischen Wirtschaft. [4] Diese Verschiebung der Wahrnehmung macht die Verantwortlichen bei Google sicher nervös. Zwar sind die Republikaner traditionell gegen Regulierungen. Da aber selbst auf Seiten der Konservativen kritische Stimmen an Einfluss gewinnen, die auf monopolistische Gefahren hinweisen und Regulierung fordern, kann sich doch im Laufe der Zeit ein Paradigmenwechsel ankündigen, der Google nicht gefallen wird. Der Gigant wankt nicht, nein, aber zittert. Immerhin. Die Zeit scheint daher reif, dem Konzern sinnvolle Grenzen zu setzen, in den USA, aber auch auf EU-Ebene. Denn dazu reichen die erfolgten Maßnahmen noch lange nicht aus.

Quellen:

[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/google-eu-strafe-101.html
[2] https://www.heise.de/tp/features/Google-und-die-Meinungsvielfalt-3818062.html
[3] http://gizmodo.com/yes-google-uses-its-power-to-quash-ideas-it-doesn-t-li-1798646437
[4] https://arstechnica.com/tech-policy/2017/08/google-is-losing-allies-across-the-political-spectrum/

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Seit 2013 arbeite ich für den SUMA-EV im Bereich Social-Media, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Vor meiner Tätigkeit beim SUMA-EV habe ich kreatives Schreiben für Kinder unterrichtet und als Autorin gearbeitet.

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