Warum ich G+ nicht will – die Fortsetzung

Warum ich G+ nicht will – die Fortsetzung

Mein voriger Blogeintrag „Google+ … und warum ich es nicht haben will“ vom 1.8.2011 hat Fortsetzungsgeschichten; eine ist die Reaktion der Googler und ihrer Gemeinde unter https://plus.google.com/101607164549546362845/posts/VFfWcwDAqij – eine andere kommt hier:

Mein Gastkommentar in der Internet World BUSINESS 17/11, S.46 vom 22.8.2011:

Googleplus - nein danke!
Kürzlich habe ich im SuMa-eV Blog einen Text mit der Überschrift „Googleplus – und warum ich es nicht haben will“ [1] veröffentlicht. Die Reaktion war überwältigend: mehr als 2000 Leser dieses Beitrags in den folgenden 48 Stunden, Übernahme dieses Themas in etliche andere Diskussionszirkel, Mailinglisten usw. Dazu Beschimpfungen gegen mich als jemand „mit Schaum vorm Mund“, als „Anti-Google Hetzer“, als „Berufsdemonstrant“ und dazu alles das, was mich ebenfalls nicht interessiert.

Was war da geschehen? Nun, Googleplus, kurz G+, ist der aktuellste hippeste Hype der gerade im Internet läuft. Sie, lieber Leser haben hoffentlich auch bereits einen Zugang? Denn: den Zugang gibt es nur auf Einladung – es muss also was ganz Besonderes sein. Jeder will da rein! Und dann, in so einer hippesten Hype Phase schreibt jemand, dass er da nicht rein will – das grenzt für die Google-Gläubigen dieser Welt an gotteslästerliche Worte. Es zeigt aber sehr schön, wie eng für viele Nutzer die emotionale Bindung an die Marke Google ist.

Einfluss auf die Struktur des Netzes

Nun aber zu der Frage warum um des Himmels Willen ich denn keinen Google+ Account haben will. Die Tech-Freaks werden mir sofort klar machen, dass G+ technisch gesehen Facebook überlegen ist. Die Datenschützer werden mir sofort klar machen, dass G+ auch datenschutztechnisch besser als Facebook ist. Das ist nett, aber der entscheidende Punkt ist: das interessiert mich wenig. Mich interessiert, welchen Einfluß es auf die Struktur des Netzes hätte, und daraus folgend auf unser digitales Leben, und daraus folgend auf unser reales Leben, wenn Google mit G+ tatsächlich das gelänge, was als Absicht dahinter steht: den mächtig gewordenen Konkurrenten Facebook auszuschalten. Auch Facebook ist bereits viel mehr als ein soziales Netz: ich lese die meisten Texte aus dem Internet deswegen, weil sie mir andere empfohlen haben. Dagegen kommt kein Suchmaschinenalgorithmus an.

Mir geht es nicht darum, Google mies zu machen! Die Firma Google verhält sich in dieser Angelegenheit so, wie sich globale Konzerne nun mal verhalten – oder vielleicht sogar verhalten müssen – einschließlich der Versuche, die Konkurrenz auszuschalten. Ob die Firma Google dabei in anderen Fällen bei Versuchen der Konkurrenzausschaltung ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt hat, ist Gegenstand des laufenden Kartellverfahrens bei der EU in Brüssel (was in dieser Debatte um G+ aber nicht zur Diskussion steht).

Meine Kritik bezieht sich – um nicht missverstanden zu werden – in diesem Zusammenhang nicht auf Eigenschaften oder Featues von Google+, sondern es ist eine strukturelle Kritik: Es die Kritik daran, dass sich das Internet so entwickeln konnte, dass Megakonzerne, die in diesem Fall zufällig Google heißen, global diese unglaubliche Machtfülle erreichen konnten, und dass niemand sie daran gehindert hat.

Es ist eine andere Frage, wer denn was hätte tun können, um diese monopolistische Struktur des Internet zu verhindern. Auf diese Frage kann momentan noch niemand eine Antwort haben, denn es ist in der Geschichte der Menschheit eine völlig neue Situation. Nichtsdestotrotz wird es immer wichtiger, diese Frage zu stellen, und mit allen Beteiligten sachlich zu diskutieren. In den Medien gibt es erste Ansätze zu einer solchen Diskussion [2]. In der Internet Enquete Kommission des Deutschen Bundestages habe ich unter der Überschrift „Maßnahmen gegen die Vereinnahmung des Internet durch globale Online-Konzerne“ [3] eine solche Diskussion angestoßen.

Gau der Informationsgesellschaft

Dieses sind die eigentlichen Fragen, um die wir uns kümmern müssen. Die technischen Eigenschaften von Google+ hin oder Facebook her sind dagegen Marginalien, über die sich die Nerds prügeln mögen – für die Zukunft des Internet sind sie bedeutungslos. Nicht bedeutungslos wäre es, wenn Google neben dem Suchmaschinen-Monopol auch noch die Herrschaft über die sozialen Netze übernehmen würde – das hielte ich das für den GAU der Informationsgesellschaft.

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Nachtrag und Quellen:

Damit dieser und andere GAUs nicht geschehen, habe ich zusammen mit engagierten Mitstreitern im Jahre 2004 den SuMa-eV – Verein für freien Wissenszugang [4] gegründet. Auch in diesen Jahr haben wir wieder die SuMa Awards [5] ausgelobt: Preise für Arbeiten, die sich um die Zukunft des digitalen Wissens verdient gemacht haben. Wenn Sie unsere Aktion gegen die Monopolisierung des Internet unterstützen wollen: unter [6] finden Sie die Mittel dazu. Und am 28. September 2011 werden wir in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin unseren jährlichen Kongress [7] veranstalten – ich freue mich, auch Sie dort begrüßen zu dürfen!

Dr. Wolfgang Sander-Beuermann
Vorstand und Geschäftsführer SuMa-eV,
Leiter Suchmaschinenlabor, Regionales Rechenzentrum für Niedersachsen (RRZN), Leibniz Universität Hannover

[1] http://blog.suma-ev.de/content/google-und-warum-ich-es-nicht-haben-will
[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,775833,00.html
[3] https://demokratie.enquetebeteiligung.de/proposal/534-M%C3%9Fnahmen_gegen_die_Vereinnahmung_des_In
[4] http://suma-ev.de
[5] http://suma-awards.de
[6] http://suma-lab.de/glpus.html
[7] http://suma-ev.de/forum2011/

About the author

Dr.-Ing. Wolfgang Sander-Beuermann: MetaGer & SUMA-EV Founder
http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Sander-Beuermann

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